Sunday, November 18, 2007

Verfolgung von Wissenschaftlern in Russland

Diesen Artikel gibt es ab sofort unter http://dejarus.wordpress.com

In Russland werden seit einiger Zeit, immer wieder Wissenschaftler verfolgt, jedes mal wird ihnen Staatsverrat vorgeworfen. Um einige prominente Beispiele zu nennen: Valentin Danilov oder Igor Sutyagin. Ich fasse hier einen Artikel von Irina Samakhova für die "Novaya Gazeta" zusammen: Link zum Originalartikel.

Es geht um zwei Verfahren im Novosibirskaya Gebiet. In beiden Fällen wurden die Ermittlungen nach einiger Zeit eingestellt und die Staatsanwaltschaft hat sich im Namen der Regierung für den entstandenen Schaden entschuldigt.
Der Verlauf der beiden Fälle zeigt jedoch ein sehr kohärentes Bild der Vorgänge in den russischen Behörden. Ich stelle hier nur einen der beiden Fälle vor.

Die Brüder Igor und Oleg Mininy, zwei Professoren der Novosibirischen Staatlichen Technischen Universität, haben zum Jubiläum der Uni eine Broschüre über die wissenschaftlichen Errungenschaften der Einrichtung verfasst. Auflage: 50 Exemplare. Den Autoren wurde Verrat von Staatsgeheimnissen vorgeworfen.
Der Ermittler: "Die Heimat gab ihnen Bildung, gab ihnen die Möglichkeit Wissenschaft zu betreiben, und sie verkaufen die Staatsgeheimnisse."
Nach Aussage des verteidigenden Anwalts wurde der FSB auf diese Broschüre hin auf eine Initiative der Leitung der Instituts für Angewandte Physik aufmerksam. Die Leitung hatte früher der Vater der beiden Beschuldigten inne.

Alle in dieser Broschüre geäußerten Fakten wurden bereits früher in der öffentlich zugänglichen Enzyklopädie "Waffen und Technologie Russlands. XXI Jahrhundert" veröffentlicht, aus der die beiden Autoren diese entnahmen. Außerdem wurde diese Broschüre vom Institut auf das "Vorhandensein geheimer Informationen" vor dem Erscheinen geprüft. Beide Fakten fanden bei den Ermittlern vom FSB keine Beachtung.

Das beunruhigende ist nun, dass der positive Ausgang des Falls keinesfalls auf der Unvoreingenommenheit der Richter beruht. In zwei Instanzen mussten Anträge auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt. Die Entschuldigungen kamen von den Staatsanwälten, denen die Fälle übergeben worden sind. Nach Meinung des Anwalts haben die beiden Glück gehabt, dass keine der Broschüren ins Ausland gegangen, sonst wären sie sicherlich verurteilt worden.

Das Problem mit den Staatsgeheimnissen in der Wissenschaft, ist das gerade die einfache Veröffentlichung der Forschungsergebnisse in der westlichen Welt zur rapiden Entwicklung der Wissenschaft führt. Quellen wie arXiv oder der Zwang vieler Journals zur offenen Veröffentlichung der eigenen Papers machen es deutlich.

Die übermässige Einordnung von Technologien und anderer Forschungsergebnisse unter das Merkmal "Staatsgeheimnis" dient nach Meinung von Akademiker Eduard Kruglyakov, hauptsächlich zwei Zielen.

So bringt er das Beispiel von Magnetrons, Mikrowellengenerator. Es sei theoretisch Möglich ein starkes Gerät aus Russland zu exportieren. Dazu brauche man aber Sondergenehmigungen, die sind in der Regel ohne zahlreiche Bestechungen nicht zu erwirken. Das drücke die Wettbewerbsfähigkeit russischer Unternehmen ungemein.

Vielmehr verdecke aber die hohe Sicherheitsstufe pseudowisseschaftliche Tätigkeit. Verteidigungsinstanzen die nicht in der Lage seien die ernsthafte Forschung zu betreiben, verbrauchen große Gelder und schützen sich gegen Transparenz. So sagt er, nach einigen Dokumenten die er gesehen hat, interessiere man sich wieder für die Antigravitation. Geschrieben sei völliger Unfug, für die Forschung würden aber sehr große Gelder gezahlt worden sein.


Mein Kommentar: Vor dem Hintergrund dieses Artikel muss man die Milliarden Dollar sehen die jetzt in Russland bei hoher Medienpräsenz in Nanotechnologien investiert werden sollen.


2 comments:

Anonymous said...

Offenbar gibt es da etwas Durcheinander, wer für die Klassifizierung welcher Fakten als "Staatsgeheimnis" zuständig ist. Dies als besonders restriktive Politik zu deuten, halte ich aber für überinterpretiert.
Das alltägliche Kompetenzgerangel in Russland ist einer der Gründe, warum ich gegen eine russische "gelenkten Demokratie" weniger Bedenken habe als gegen einen deutschen Überwachungs-Staat.

Rusinform said...

Nun zunächst ein mal ist nicht nur ein Kompetenz gerangel, wenn für die Nanooffensive über 2 Mrd US Dollar ausgegeben werden und danach ohne Effekt verschwinden.
Wegen dem Staatsgeheimnis sitzen Menschen für über 10 Jahre in Haft, siehe Artikel! Dabei ist es offensichtlich, dass diese unschuldig sind.

Wenn Sie aber sagen wollen, dass von Russland weniger Gefahr ausgeht, weil in Russland immer unklar ist wer was macht. Das haben Sie zum Teil Recht. Deutschland ist ein größeres Gewicht in der Weltpolitik.
Langfristig wäre das aber ein großer Fehler die Bedeutung Russland nur auf einen Rohstofflieferanten herabsetzen zu wollen. Der Grund ist, dass dieses Land einfach an so viele Konfliktherde grenzt. Es ist definitiv Teil der Lösung des Islam-Westen Problems und noch vieler anderer.