Sunday, October 28, 2007

KW 43

Diesen Artikel gibt es ab sofort unter http://dejarus.wordpress.com

In dieser Woche waren die folgenden Themen in Russland besonders aktuell:

Steigende Lebensmittelpreise:

Die Lebensmittelpreise in Russland sind genauso wie in Deutschland gestiegen. Die Auswirkungen auf das Leben der Menschen ist mit den aus Deutschland nicht zu vergleichen. Ich habe keine verlässlichen Statistiken über den Anteil der Nahrungsmittel an den Gesamtausgaben der Russen gefunden. Aber bei einer durchschnittlichen Monatsrente von etwas mehr als 5000 Rubel (ca.150 Euro), kann man davon ausgehen dass für sehr große Bevölkerungsschichten, etwa 80% des Geldes für Lebensmittel aufgehen. Bei uns liegt das eher im Bereich von 10%. Wenn nun die Preise für Lebensmittel um teilweise 40%-200% steigen, können keine anderen Ausgabequellen gekürzt werden, die Menschen hungern.

Die Reaktion des Kreml ließ nicht lange auf sich warten. Man friert die Preise für ausgewählte Lebensmittel ein. Dazu wird ein freiwilliges Abkommen von einigen großen Supermarktketten abgeschlossen. Dieses wird stark über die öffentlichen Medien ausgestrahlt. Das Einfrieren der Preise soll, nur ca. ein halbes Jahr dauern (bis nach der Präsidentenwahl). Die Diskussion hierüber ist im Gange.

Kommentar:

Erstens die Art der Reaktion zeigt, dass die endgültigen Entscheidungsträger in Sowietmustern denken. Ein Mensch der etwas von Marktwirtschaft versteht, würde nicht auf diese Idee kommen und schon gar nicht so schnell. Diese Maßnahme führt, wenn tatsächlich landübergreifend, zu Defiziten. Niemand will seine Waren unter dem Preis verkaufen und wird Möglichkeiten suchen sie im Ausland los zu werden. Dieses Ereignis zeigt sehr deutlich die Schwächen der russischen Wirtschaft und die Auswirkungen auf Ihre Stabilität.

Zweitens zeigt der Preisanstieg an sich, dass sich Russland auf dem Weltmarkt befindet, zumindest was Lebensmittel angeht. Insbesondere kauft Russland trotz der ausreichenden Größe und Fläche, Milchprodukte und Korn in signifikanten Mengen (ca. 20% des Verbrauchs) im Ausland ein.

Drittens, die Maßnahme an sich wird niemandem helfen. Die betreffenden Supermärkte decken nicht das Land sondern höchstens Moskau, St. Petersburg und noch einige wenige andere Städte. Außerdem ist der das Abkommen volumenabhängig, es wird nur eine bestimmte Menge vergünstigt verkauft. Es ist mehr PR als Tatsache. Die wirkenden Maßnahmen sind aber in der nächsten Zeit zu erwarten. Wahrscheinlich sind hier Ausfuhrzölle auf Nahrungsmittel o.ä.


3. Amtszheit Putins:

Offener Brief im Namen von "65.000 Meister der Kunst" unterschrieben vom sehr kremltreuen Nikita Mikhalkov und einigen anderen bekannten Vertretern der Kunstszene.
Mikhalkov ist einer der bekanntesten Regisseure ("Utomlennie solnzem" Oscar 1995) Russlands, gleichzeitig tritt er in der letzten Zeit sehr häufig öffentlich auf, unter anderem als einer der Hauptverantwortlichen für die Reform der Armee.
In diesem Brief bitten die Verfasser Putin dazu auf eine dritte Amtszeit anzugehen und stellen dies als den unbedingten Willen der Intelligenz (der Intellektuellen) dar.

Kommentar:
Dieser Brief ist sehr typisch für die heutige politische Auseinandersetzung in Russland. In den öffentlichen Medien wird der Personenkult um den Präsidenten ständig durch Aufforderungen angefacht zu bleiben. Dies kommt auch und insbesondere aus den Reihen der Parteien die, die Duma kontrollieren.
Neuerdings gehen in den Städten Russlands Menschen auf die Straße, um Putin darum zu bitten Präsident zu bleiben. Dies wird über die staatlichen Medien verbreitet. Die Menge der Demonstrationen nimmt zu.
Der Präsident könnte jederzeit die Verfassung ändern und sich eine Amtszeit beliebiger Dauer bestätigen lassen. Er behauptet stets, dass er keine dritte Amtszeit anstrebt. Er lässt offen ob er nicht in der übernächsten Wahl zur Verfügung stehen wird. Er hat aber bereits zugesagt Premierminister werden zu wollen. Dies aber nur wenn ein Mensch zur Macht kommt "mit dem man gut zusammenarbeiten kann".
Die Gesamtsituation scheint recht verwirrt. Es ist allerdings immer das gleiche charakteristische Gefühl wenn die Sicherheitsdienste Ihre Arbeit machen. Man kennt es schon vom Fall Litwinenko.